Hortich - Stiftung |
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Im Jahre 2009 wurde eine wohltätige Einrichtung der Stadt Aken 400 Jahre alt.
Um so erstaunlicher ist es bei all diesen Widrigkeiten, dass Hortich sich im Jahre 1609 mit einem Sendschreiben an die Akener Bürgerschaft und die Gemeindemitglieder wandte mit der Anregung zur Stiftung eines Stipendiums. Dieses Sendschreiben gab er sieben Jahre später in einer gedruckten Schrift unter dem klangvollen Titel heraus:
Ein guter Antreiber
Das ist/ Ein Auserlesen Compendium und guter Rath/ Wie man mit wenig Gelde ohn einiges Menschen beschwerung und Wiederwillen in der Stadt Acken an der Elbe gelegen/ im Erzstifte Magdeburg/ ein immer werent Stipendium für die studirende Jugend hat auffgericht und angefangen/ den 8. Julii, war der Tag Chiliani Anno 1609. Gott dem Allmächtigen allein Lob und Ehren/ zur erbauung der christ- lichen Kirchen/ zur erhaltung der Stände und zu sonderlichen Nutz unnd Frommen allen Bürgers- Kindern und derselben Nachkommen in Acken/ welche ihr Geldt zum Stipendio haben eingelegt/ Gestelt und zu wegen gebracht Durch M.(agilster) CHILIANUM HORTICH von Dalen/ Pfarrern zu Acken. Gedruckt zu Wittenberg/ bey Johann German/ im Jahr 1616.
Dieses etwa 360 Seiten starke Buch im Format 9,5 X 15,5 cm befindet sich in Privatbesitz
und dürfte das einzig noch existierende Exemplar sein. Obwohl Seiten fehlen, befindet es sich für sein
hohes Alter noch in einem relativ guten Zustand.
Im Vorwort, dem bereits einige Seiten abhanden gekommen sind, führt Hortich aus, dass er selbst 6 Jahre
lang als Stipendiat des Kurfürstlichen Hauses von Sachsen auf der Fürstenschule zu Meißen habe studieren
dürfen. Nun will Hortich aus Dankbarkeit auch den Akener Bürgersöhnen dieselbe Möglichkeit des Studiums
eröffnen. Durch Zusammenlegen von Talern über viele Jahre durch Akener Bürger dürfte nach Hortichs Vorschlag
das nötige Stiftungskapital zusammenkommen, von dessen Zinsen man die Stipendien auszahlen kann.
Es folgen nun drei leider unvollständige Carmina Dedicatoria, das sind lateinische Widmungsgedichte auf die
Gönner Hortichs, im einzelnen der Kurfürst von Sachsen, jene Akener Bürger, welche durch ihre Spende der
Stiftung zum Leben verhalfen und an den Kanzler und Hofrat Kilian Stisser. "Denen Ehrenvesten/ Erbarn/ Wohlweisen/ Wolgeachteten unnd Fürsichtigen Herrn Bürgermeistern/ Cämmerern/ Racemannen/ und allen der Stadt Acken Einwohnenden Bürgern/ meinen großgünstigen Herrn Gefattern/ guten Freunden und auserwelten lieben Pfarrkinder in Christo Jesu dem Herrn," adressiert Hortich sein Schreiben an "die Christliche Gemeine zu Acken." Und so redet er sie an: "Ehrenveste/ Erbare/ Wolgeachte unnd Fürsichtige Großgünstige Herrn Gefattern/ gute Freunde/ und Auserwelte liebe Pfarrkinder in Christo Jesu dem Herrn."
Die gesamte Weltgeschichte bemühend, begründet Hortich sein Werben um die Notwendigkeit und Bedeutung eines
Stipendiums mit ausführlichen Geschichten, Anekdoten und langatmigen Abhandlungen aus der Welt der Bibel,
der alten Griechen und Römer, so wie des Mittelalters und der Reformation.
Hortichs Gedankengang ist verhältnismäßig einfach: Vom Paradiese, so schreibt er an die Akener, gehen vier
Lebensströme aus. Es sind die Ströme der Wissenschaft und der Bildung, aus denen es zu schöpfen gilt.
Durch Wissenschaft und Bildung ehrt man Gott und sein Geschöpf dem Menschen, indem man dem Gemeinwohl nützt
durch die Heranbildung tüchtiger Prediger, Juristen, Schreiber, Ökonomen, Ärzte und Lehrer. Da Begabung und
Wissen aber nicht an einen bestimmten Stand gebunden sind, gibt es Stipendien und großzügige Gönner, welche
den wenig oder gar nicht Begüterten die Quellen der Wissenschaft zum Nutzen aller erschließen.
Genau aber dies sucht er zu verhindern. Doch gibt es genug Beispiele aus der Bibel und der Geschichte, dass kluge Kinder aus armen Verhältnissen zu Bildung und Studium ausgesondert und vielen zum Segen wurden. Ohne eine solche Aussonderung Begabter könnte das Gemeinwesen gar nicht bestehen. Hortich erinnert sich dankbar daran, dass ihm als Sohn armer Leute durch den Kurfürsten von Sachsen eine Ausbildung auf der Fürstenschule zu Meißen und später ein Studium an den Universitäten Leipzig und Wittenberg ermöglicht wurde. Diese Erfahrung möchte er weitergeben.
Stipendienstiftungen findet Hortich in vielen großen und kleinen Städten, nur in dem angesehenen und
wohlhabenden Aken nicht, obwohl es hier viele begabte und lernwillig Kinder gibt, denen die Mittel zum
Studium fehlen. So schlägt Hortich vor, dass sich zu Aken eine nötige Anzahl von Bürgern zusammenschließt,
die jährlich einen Taler einzahlen, bis sich ein Kapital von etwa 600 Talern angesammelt hat, aus dessen
Zinsertrag Stipendien vornehmlich an die Kinder und Nachkommen der Einzahler ausgeschüttet werden können.
Sie kommen als Kapitalstifter auch dann in den Genuss eines Stipendiums, wenn sie und ihre Nachkommen
nicht mehr in Aken leben. Sollte es in der Reihe der Einzahlerfamilien keinen Studienwilligen geben,
kann das Stipendium an Begabte außerhalb des Kreises weitergegeben werden, oder man legt die eingesparte
Stipendiensumme zinsbringend zum Stiftungskapital. Sollten aber in einer Spenderfamilie mehrere
Studienwillige sein, mögen sie sich in das Stipendium teilen oder das Los entscheidet, wer es erhalten wird.
Als Stipendiaten kommen nur unbescholtene Personen lutherischer Konfession in Frage. Ein sog. Artickel des Stipendiums, also eine Satzung der Stiftung, schließt sich an, welche die Gedanken Hortichs zur Stiftungsorganisation wiederholt und um einige Details erweitert. Hortich schildert darin, dass er sein Sendschreiben an die Akener zunächst handschriftlich interessierten Bürgern weitergeben habe. Sein Vorschlag habe so großen Anklang gefunden, dass sich bereits sieben Jahre später 24 Zeichner gefunden hätten. Damit nun jeder in Aken erfahre, was überhaupt ein Stipendium ist und wozu es dient, und damit für das Stipendium geworben werden kann, hat Hortich sein Sendschreiben in Druck gegeben und die Artikel des Stipendiums beigefügt. Bei den Unterzeichnern finden sich so prominente Namen wie die Bürgermeister Künstett und Bobbe, Stadtschreiber und Kämmerer Modeler, die Ratsverwandten Richter und Stoßnack so wie der Organist Streuder. Die Namen sind alphabetisch nach Vornamen geordnet.
Weiterhin wird bestimmt, dass das Stipendium drei Jahre lang zu je 30 Talern an einen einzigen Stipendiaten
für ein Universitätsstudium ausgezahlt wird. Das Stiftungskapital ist von der Akener Kirchengemeinde zu
verwalten und kann entweder zinsgünstig verliehen oder als Hypotheken auf Häuser und Grundstücke
gewinnbringend gelegt werden. Natürlich kann auch Land zum Verpachten erworben werden. Es gibt auch die Möglichkeit, dass sich Bürger einmalig in die Stiftung einkaufen, indem sie 10 Taler zinsbringend dem Stiftungskapital beifügen. Das Anrecht auf ein Stipendium gilt dann für drei Jahre, ist nicht erblich und nicht übertragbar. Kann das Stipemdium nicht genutzt werden, oder scheidet der Stipendiat vorzeitig aus, verbleiben die 10 Taler mit Zinsen im Stiftungskapital.
In Hortichs Buch sind die ersten Viermänner bereits gewählt worden. Es handelt sich um Moritz Stossnack,
Wilhelm Lose, Heinrich Piller und Johann Methen. So sie sich nichts zuschulden kommen lassen, gehören
sie dem Gremium auf Lebenszeit an. Scheidet einer durch Tod aus, so muss das Viermännergremium ein Mitglied
aus der Reihe der Stifterfamilien nachwählen, denn untere der Ziffer II der Satzung heißt es:
Es folgt die Liste der Ersteinzahler, dann das amtliche Genehmigungsgesuch für die Stiftung, die sog.
Supplication an den Administrator des Erzbistums Magdeburg Markgraf Christian Wilhelm von Brandenburg
und an Ludwig Jochow dem Magdeburger Domdechanten, beide als Stadtherren von Aken.
Sie führen auch die Aufsicht über die Stiftung. In der damals üblichen ausschweifenden Sprache des Barock
weist Hortich in beiden Schreiben darauf hin, dass den Herren die Hebung von Bildung und Schule,
die sich im Augenblick in einem kläglichen Zustand befinden schon immer eine Herzensangelegenheit
gewesen sei, wozu das neue Stipendium eine willkommene Hilfe bieten könnte. Mehrmals, so 1726, 1806 und 1807, ist die Satzung neu aufgelegt worden. Oberpfarrer Nebe hat im Jahre 1909 anlässlich ihres dreihundertjährigen Bestehens eine ausführliche Geschichte der Stiftung verfasst, die von der Firma Krapf & Nestler in Aken gedruckt wurde. Hier ist auch noch einmal die Satzung Hortichs in originaler Schreibweise wiedergegeben worden.
Nebe schildert in seiner Darstellung, die Veränderungen, die im Laufe der Jahrzehnte Hortichs
Bestimmungen erfahren haben. Das sogenannte Convivium am 8. Juli entfiel seit dem Jahre
1760, da die Akener Brauherren anfingen, am Tag ihres Schutzpatrons Kilian ihre Hauptversammlung,
die sogenannte Morgensprache abzuhalten, zu welcher der Hauptpastor die Brauherrnpredigt zu halten hatte.
Auch wollte man den auswärtigen Vierherren und Stipendiaten weite Reisen nach Aken ersparen.
Der wichtigste Grundbesitz der Stiftung war die Stipendienhufe, die 1684 erworben wurde.
Sie befand sich in Richtung Kühren beiderseits der Calber Landstraße, die damals "die Trift" genannt wurde.
Die Hufe bestand aus 6 ha und 62 ar Land und Wald.
Schwierigkeiten bereitete der Stiftung auch die Regelung der Einkaufsstipendien.
Sie wurden von dem Viermännergremium der Stiftung in der Regel nicht für stiftungsgemäß gehalten,
aber von der Aufsichtbehörde öfter zu Ungunsten der Erbstipendiaten durchgesetzt, das wiederum das
Viermännergremium der einseitigen Begünstigung ihrer Familien bezichtigte.
So führte der Erbstipendiat Daniel Krenkel 1709 einen Prozess gegen die Aufsichtsbehörde, weil das ihm
zustehende Erbstipendium gekürzt wurde, um die Ansprüche eines Einkaufsstipendiaten befriedigen zu können.
Aufgrund dieser Misere stiftete der aus Aken stammende wohlhabende Berliner Kaufmann Tobias Bössel 1725
die Zinsen seines hinterlassenen Kapitals von 2.500.- Talern zu einem mehrjährigen Stipendium an der
Universität Halle ausschließlich für die Nachkommen ausgesuchter Akener Bürgerfamilien geringen Einkommens. Die Stiftungsaufsicht hatte nach den kirchlichen Behörden des Erzstiftes Magdeburg das spätere dortige Konsistorium. Im Zuge einer preußischen Verwaltungsreform kam die Stiftungsaufsicht 1816 an das Vormundschaftsgericht, das sich die Zulassung für das Erbstipendium durch Familienurkunden und Stammbäumen belegen ließ. Auch eine Zulassung zum Universitätsstudium musste vorgelegt werden. Die Hortich-Stiftung konnte während der DDR-Zeit nicht wirksam werden und musste ruhen. In dieser Zeit fanden keine Beratungen der Vierherrn statt, das Vermögen wurde von der Kirche verwaltet. Nach der Wende wurden wieder Kontakte zwischen Nachkommen der Stifter und der Kirche in Aken hergestellt. Auf der Grundlage der archivierten Unterlagen konnte die Stiftung auch formal reaktiviert werden. 2006 fand die erste Sitzung der Vierherrn nach der Ruhepause statt. Heute verfügt die Stiftung über knapp 6 ha Land und ein so geringes Barvermögen, dass man aus der Pacht und den Zinsen einem Stipendiaten ein geringes jährliches Stipendium zukommen lassen kann. |
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